Geschichte der Loge "Carl zur gekrönten Säule"

1717 Jede Geschichte hat einen Beginn. Die Geschichte der organisierten Freimaurerei in der Form, in der sie uns heute noch begegnet, beginnt im Jahr 1717, als die erste Großloge in London gegründet wurde. Man merkt, da muss schon vorher Einiges geschehen sein, damit aus vielen kleinen Logen eine Großloge entstehen kann. Aber das ist an dieser Stelle nicht das Thema. Und für uns ist es in dieser Geschichte auch nicht wichtig, dass die erste Großloge auf deutschem Boden in Hamburg entstand. Das war 1737.

1744 Die Geschichte der Loge „Carl zur gekrönten Säule“ beginnt im Jahr 1744. Am 12. Februar 1744 trug die Loge noch den Namen „Jonathan“, die sich erst im Jahr 1802 umbenannte in „Carl zur gekrönten Säule“.
Den Namen hatten sich die Logenbrüder nicht einfach ausgedacht. „Carl“ nannten sie ihre Bauhütte deshalb, weil sie damit den seinerzeit regierenden Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel ehren wollten, der ihre Freimaurerloge von Beginn an protegiert hatte.
Wenn wir von heute aus auf die Gründungszeit blicken und dafür Geschichtsbücher zur Hilfe nehmen, dann erfahren wir, dass das Jahr 1744 mitten in der Epoche der Aufklärung liegt.

1756 bis 1763 Eine unruhige Zeit schloss sich an, denn die regierenden Herrscherhäuser bemühten sich nach Kräften und vor allem militärisch, ihre Macht auszubauen (Siebenjähriger Krieg) oder durch Allianzen an einer entstehenden Großmacht beteiligt zu sein.

1763 bis 1773 Bedeutendes Betätigungs- und Expansionsfeld für die alten Europäer wurden die amerikanischen Kolonien, in denen schließlich auch mit Braunschweiger Beteiligung gekämpft wurde (Amerikanische Revolution).

Da ist es dann ganz und gar nicht verwunderlich, dass die Loge „Jonathan“/„Carl zur gekrönten Säule“ durchwirkt war vom herzoglichen Hause und dem Großbürgertum.

Das wird darin erkennbar, dass drei Fürsten des Braunschweiger Hofes als Mitglieder und leitende Persönlichkeiten die Geschichte der Loge mitschrieben: Prinz Albrecht, Herzog Ferdinand und Herzog Leopold von Braunschweig. So etwas nannte sich aufgeklärter Absolutismus.

Es waren nicht nur Militärs Angehörige der Bauhütte, die das Sagen hatten. Es gab auch die Brüder, die die Aufklärung in ihrer Gänze umsetzen wollten, nämlich den Humanismus und die Toleranz in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellen wollten. Hilfreich waren für die geistige Entwicklung die Werke Immanuel Kants und im politischen Bereich die französische Revolution.

So kamen im Laufe der folgenden Jahrzehnte aus dem Braunschweiger Bürgertum Persönlichkeiten aus Industrie und Finanzwesen dazu, darunter Männer wie Hugo Luther, Max Jüdel,  Ernst Amme und Julius Konegen, aber auch Wissenschaftler wie Adolph Nehrkorn und Komponisten wie Franz Abt, die ihrerseits das Erscheinungsbild der Bauhütte veränderten.

1802 Mit der Reform des Arbeitsrituals änderte die Bauhütte auch ihren Namen. Aus „Jonathan“ wurde  „Carl zur gekrönten Säule“.

1848 Politische und gesellschaftliche Spuren hinterließen in der Bauhütte natürlich die napoleonischen Kriege, die deutsche Revolution 1848, der Deutsch-französische Krieg 1870/71 und das Deutsche Kaiserreich. Und es gab immer wieder Charakterköpfe, die als Freimaurer die Gesellschaft so zu provozieren wussten, dass sich die liberalen Ansichten der Freimaurer durchsetzen konnten.

Was allerdings auch der Loge „Carl zur gekrönten Säule“ nicht gelang, war, den Hang zur Macht, die Bewunderung für das Militär und den Glauben an den Adel zu erschüttern und auch hier liberale Anschauungen anzustoßen.

1894 Zum 150. Gründungsjubiläum der Loge, wurde die „Jubiläumsstiftung“ ins Leben gerufen. Sie unterstützte frei von jedem Eigennutz bedürftige Freimaurer.

Die Bauhütte bemühte sich bei allem schönen Schein des 19. Jahrhunderts mit sozialen Stiftungen zu wirken, denn gemäß ihrem Credo verschlossen die Freimaurer die Augen vor dem Elend nicht: Ein Lehrinstitut für Knaben (die Keimzelle der heutigen Hochschule für Bildende Künste) entstand, ebenso ein Witwen- und Waiseninstitut, eine Schwesternhilfe, eine „Speisenanstalt für bedürftige Reconvaleszenten“ und anderes.

1914 So brach sich schließlich auch im Braunschweiger Land der Hurra-Patriotismus des Kaiserreichs, begründet im 19. Jahrhundert, Bahn, der schließlich geradewegs in den Ersten Weltkrieg führte und anschließend auch noch in den Zweiten Weltkrieg.

1920 Nach dem Ersten Weltkrieg, in der Zeit der Weimarer Republik und der Depression, verlor die Loge „Carl zur gekrönten Säule“ ihr Vermögen, um ihre Stiftungen weiter zu finanzieren.

1932 Die Logenbrüder sahen wohl mit Erschrecken, dass dieser unsägliche Nationalismus, der schon den Ersten Weltkrieg provoziert hatte, erneut aufflammte und dazu führte, dass Adolf Hitler am 25. Februar 1932 durch den von DNVP und NSDAP regierten Freistaat Braunschweig zum Deutschen Reichsbürger wurde, um schließlich 1933 Reichskanzler zu werden.

1935 Die Nationalsozialisten, die die politische und intellektuelle Gleichschaltung aller Bürger anstrebten, duldeten die Freimaurerei nicht, die als höchstes Gut des Menschen seine Gewissensfreiheit pries. Mit anderen Worten: Auch die Bauhütten wurden verboten. 1935 trafen sich unsere Brüder der „Loge Carl zur gekrönten Säule“ zur letzten Tempelarbeit.

Nazischergen raubten das Logenhaus aus, zerstörten die wertvollen Logen-Bilder aus der Mitte des 18. Jahrhunderts dazu das Mobiliar, die Bibliothek und die Sammlungen. Alles Kulturgut verschwand im Handstreich.

1935 bis 1945 In den Jahren bis zum und während des Zweiten Weltkriegs fand keine Logenarbeit statt. Die Braunschweiger wie die Freimaurer in anderen Städten und Regionen nutzten allerdings die vom Winterhilfswerk gegen eine Spende erhältliche blaue Vergißmeinicht-Brosche. Die hefteten sie sich ans Revers, um sich gegenseitig als Bruder zu erkennen zu geben. Das geschah einigermaßen gefahrlos, weil seinerzeit alle Menschen mit irgendeinem Nazi- oder Winterhilfswerk-Emblem an Revers oder Kragen unterwegs waren.

1945 Nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 waren die Brüder zerstreut, in Gefangenschaft oder gefallen. Das Ende der NS-Herrschaft ließ hoffen, dass es wieder Bauhütten geben könnte. Aber zunächst hatte die britische Militärregierung jegliche Verbandstätigkeit verboten. Auf etliche Gesuche und Eingaben hin, war der Loge „Carl zur gekrönten Säule“ ab Mitte Oktober 1945 von der Militäradministration wenigstens die Erlaubnis erteilt worden, sich zu versammeln.

1947 Die Erlaubnis zur Ritualarbeit erhielt sie erst 1947.
Problematisch war für die Loge die Raumfrage. So teilte sich die Bauhütte zunächst einige Zimmer mit einer studentischen Verbindung in einem Haus in der Spielmannstraße (das heute gegenüber dem Lokal „Eusebia“ steht).

1953 Die räumliche Beengtheit änderte sich im Jahr 1953. Die Loge „Carl zur gekrönten Säule“ erhielt als Wiedergutmachung ein einst konfisziertes Logenhaus am Löwenwall 9, das allerdings einige Kriegsschäden aufwies.

1963 ging die Loge erstmals wieder in die Öffentlichkeit. Gewissermaßen als Gegendarstellung zu den während des Nationalsozialismus vehement verbreiteten Unwahrheiten über die Freimaurerei organisierte die Bruderschaft eine Ausstellung im Städtischen Museum. Gezeigt wurden gerettete und erhalten gebliebene Schriften und Dokumente, um die wahre Geschichte der Freimaurerei zu zeigen.

Diese zu jener Zeit noch ungewöhnliche Offenlegung freimaurerischer Geisteshaltung fand in ganz Westdeutschland Aufmerksamkeit.

1993 Am 21. November 1993 gründeten einige Mitglieder und Freunde der Loge „Carl zur gekrönten Säule“ die „Stiftung Einsatzopfer“. Ziel der Stiftung ist es, Angehörigen von Polizei und Feuerwehr, die im Rahmen ihres dienstlichen Einsatzes einen körperlichen oder seelischen Schaden erlitten haben und dadurch bedürftig geworden sind, Unterstützung zu gewähren.

1994 Am 12.Februar 1994, zum genauen Termin der Gründung, feierte die Loge ihr 250. Stiftungsfest unter großer Anteilnahme vieler Repräsentanten aus Logen und Großlogen des In- und Auslandes und Vertretern der Öffentlichkeit. Unsere Loge „Carl zur gekrönten Säule“ hat sich seit jeher der Stadt und Gesellschaft Braunschweigs verbunden gefühlt; sie ist ja ein Teil davon. In ihrer langen Geschichte hat sie getreu der Devise auf ihrem Logensiegel ADHUC STAT (Noch immer steht sie [die Säule]) ihre Identität und ihre Ideale bewahren können.

2014 Im Juni und Juli 2014, das 270-jährige Bestehen unserer Bauhütte wurde gezählt, organisierten die drei in Braunschweig arbeitenden Logen erneut eine landauf landab beachtete Ausstellung im Braunschweiger Altstadtrathaus und wieder konnten sich die unerwartet vielen Besucher davon überzeugen, dass Freimaurer keine Geheimniskrämer sind.

2019 „Carl zur gekrönten Säule“ feierte das 275-jährige Bestehen mit einem Festakt in der Braunschweiger Dornse. Honoratioren aus Politik, Wirtschaft, öffentlichem Leben und natürlich aus Großlogen und Logen nicht nur aus Deutschland waren gekommen. Sie ehrten unsere gute Bauhütte, die 1744 die 15. ihrer Art in deutschen Landen war.

2020 Einige Brüder begannen mit der Aufarbeitung der Geschichte der Braunschweiger Bauhütte. Sie sichten noch immer Dokumente, die allerorten und unerwartet auftauchen. Sie sind guter Dinge, bald mehr aus der Geschichte von „Carl zur gekrönten Säule“ berichten zu können.